Als Führungskraft wissen Sie, wie wichtig es ist, Ihre Teammitglieder zu unterstützen und zu fördern. Doch manchmal kann es herausfordernd sein, wenn Mitarbeiter wie Michael, der vor drei Monaten in Ihr Team kam, ständig Fragen stellen und sich unsicher fühlen. In solchen Momenten möchten Sie vielleicht helfen, sind aber auch ein wenig genervt und denken: "Komm doch endlich darüber hinweg!"
Doch statt sich zu ärgern, können Sie die Situation nutzen, um Ihre Mitarbeiter langfristig zu unterstützen und ihre Entwicklung zu fördern. Ein nützliches Werkzeug dafür ist die Unterscheidung zwischen "Samenfragen" und "Wasserglasfragen". Letzte Woche haben wir darüber gesprochen, und ich möchte dieses Konzept noch einmal näher beleuchten.
Samenfragen vs. Wasserglasfragen
Samenfragen sind Fragen, die keine "richtige" Antwort haben, sondern eher dazu dienen, eine Diskussion anzuregen und kreative Lösungen zu finden. Ein Beispiel wäre: "Wie gehe ich mit Kunde X um?"
Wasserglasfragen hingegen sind Fragen, bei denen spezifische Informationen fehlen, die leicht bereitgestellt werden können. Ein Beispiel wäre: "Wo finde ich die Bestellformulare auf unserem gemeinsamen Laufwerk?"
Wie Sie mit diesen Fragen umgehen können
Wenn ein Mitarbeiter wie Michael zu Ihnen kommt und um Rat fragt, scheint es am schnellsten zu sein, einfach die Antwort zu geben, die er sucht. Doch auf lange Sicht wird dies ihm nicht helfen, sich zu einem selbstbewussten und selbstständigen Mitarbeiter zu entwickeln. Hier sind einige Schritte, die Sie unterstützen können:
1. Identifizieren Sie die Art der Frage
Stellen Sie sich die Frage: Ist das eine "Wasserglasfrage" oder eine "Samenfrage"?
2. Umgang mit Wasserglasfragen
Wenn Michael lediglich nach Informationen fragt, geben Sie ihm die Information und auch Hinweise, wo er diese finden kann, wenn Sie nicht da sind. Zum Beispiel: "Das Bestellformular befindet sich im Admin-Ordner -- falls ich nicht da bin, kann ich Ihnen auch die Suchfunktion für unser gemeinsames Laufwerk zeigen, damit Sie Dinge finden können, wenn ich nicht da bin?"
3. Umgang mit Samenfragen
Wenn Michael eine "Samenfrage" stellt, wie z.B. "Wie gehe ich mit Kunde X um?", versuchen Sie, nicht sofort Ihre Antwort zu geben. Stellen Sie stattdessen einige Fragen, um ihn zum Nachdenken anzuregen:
- „Was ist wichtig bei Kunde X?“
- „Was denken Sie, was Sie hier richtig machen müssen?“
- „Was haben Sie bereits versucht?“
- „Welche Ideen haben Sie?“
- „Wie kann ich Sie unterstützen?“
Die Macht der Fragen
John Whitmore, der Vater des modernen Coachings, zeigte in einem interessanten Video die Kraft von Fragen. In diesem Video werden zwei Ansätze zur Lern- und Fähigkeitsentwicklung kontrastiert: Eine Person wird gelehrt, Golf zu spielen, die andere wird durch Fragen unterstützt. Beide erreichen ähnliche unmittelbare Ergebnisse, aber der Anfänger, der durch Fragen unterstützt wurde, hatte ein stärkeres Gefühl der Eigenverantwortung, des Bewusstseins und der Verantwortung -- alles Qualitäten, die wir in der heutigen Arbeitswelt dringend benötigen.
Sie können das Video hier sehen: YouTube-Link
Fazit
Indem Sie die richtigen Fragen stellen, können Sie Ihre Mitarbeiter nicht nur kurzfristig unterstützen, sondern ihnen auch helfen, langfristig selbstbewusster und selbstständiger zu werden. Die Unterscheidung zwischen Samenfragen und Wasserglasfragen ist ein wertvolles Werkzeug, um dies zu erreichen. Also, das nächste Mal, wenn ein Mitarbeiter wie Michael zu Ihnen kommt, nutzen Sie die Gelegenheit, um durch gezielte Fragen seine Entwicklung zu fördern.
Viel Erfolg und Freude beim Coaching und Führen!