Welche Fähigkeiten brauchen Führungskräfte für die Arbeitswelt 4.0? Ich möchte einige Vorschläge aus der Praxis machen.
Empowerment
Für eine Führungskraft halte ich es heute für unabdingbar, dass sie sich auf Empowerment versteht. In Empowerment steckt das englische Wort „power“. Empowerment bedeutet, meine Mitarbeiter so zu bevollmächtigen, dass sie handlungsfähig werden, ihre Ressourcen erkennen, Zugriff auf ihre Ressourcen haben und ihr Potenzial für ihr Umfeld auch einsetzen und nutzen können. Dieses Konzept ist dem Coachinggedanken sehr nahe: Der ressourcenorientierte Umgang mit Mitarbeitern, deren Kompetenzen zu erkennen und dann auch zu fördern. Wir haben leider oft einen Defizitblick – da kann einer etwas nicht, also muss er raus aus dem Team. Aber Führung 4.0 braucht einen entgegengesetzten Blick: wir müssen auch in den Defiziten noch die Ressourcen erkennen können. Das ist eine Herausforderung an Führungskräfte. Wir müssen uns immer wieder die Frage stellen: Wie sehe ich eigentlich meine Mitarbeiter? Sehe ich die Ressourcen und das Potenzial in ihnen?
Die anderen zuerst
Die Führungskraft 4.0 kann sich deshalb selbst zurückstellen. Sie weiß genau, dass sie selbst nicht in allem, was im Team, in der Abteilung, im Unternehmen läuft, der Experte ist. Die Mitarbeiter sind da oft viel spezialisierter und besser ausgebildet. Gerade je höher jemand in der Hierarchie steht, desto weiter ist er weg von den Details. Er kann gar nicht mehr der Experte für alles sein, sondern muss eher das große Bild im Auge behalten. Deshalb muss er wissen: Ich muss mich zurückstellen können. Ich muss eigene Schwächen und Fehler oder sogar Defizite zugeben können.
Kommunikation ist alles
Die Führungskraft 4.0 muss daher gut kommunizieren können. Sie braucht soziale Kompetenzen, muss über sich reden können, sich selbst wahrnehmen können. Sie muss auch Konflikte und schwierige Themen ansprechen können. Damit wird sie natürlich zu einem gewissen Vorbild für die Mitarbeiter, auch im Hinblick darauf: Wie führe ich mich selber?
Alles unklar? – Macht nichts
Die Führungskraft 4.0 hat eine Ambiguitätstoleranz. Sie kann mit Situationen umgehen, in denen viel Unklarheit und viel Offenheit steckt, in denen Widersprüche oder Zielkonflikte enthalten sind. Situationen, in denen viele Faktoren unklar sind und sich auch nicht klären lassen. Eine Führungskraft muss das ertragen können und trotzdem handlungsfähig bleiben.
Softskills
Change Kompetenzen und psychologische Fähigkeiten sind ebenfalls gefordert. Viele Führungskräfte haben extrem hohe Ansprüche an sich, was das Fachliche betrifft. Sie sind top aus- und weitergebildet, haben aber keine Ahnung, wie man Menschen führt und verfügen nicht über die dazu notwendigen Softskills. Die gute Nachricht lautet, dass man auch in diesem Bereich sehr viel lernen und einüben kann.
Lösung statt Problem
Führung 4.0 bedeutet eine Lösungsorientierung statt einer Problemorientierung. In dem Moment, in dem ich anfange, das Problem immerzu zu analysieren, beiße ich mich an dem Problem fest. Wenn ich ein bestimmtes Bild von einem Problem habe, komme ich davon nicht mehr weg und finde schwer eine Lösung. Das Heil liegt heute oft nicht mehr in der Problemanalyse, weil die Situationen oft viel zu komplex sind. Ich muss stattdessen „out of the box“ denken und kreativ Lösungen erfinden, die vielleicht gar nichts mehr mit dem ursprünglichen Problem zu tun haben, es aber trotzdem lösen.
Die Haltung macht es
Zusammenfassend kann man sagen, dass Führung 4.0 vor allem eine innere Haltung beschreibt. Es geht gar nicht so sehr um Fähigkeiten, und wenn dann eher um Softskills. Sondern es geht um eine Haltung, wie ich meine Mitarbeiter sehe, dass ich ihr Potenzial wahrnehme, mich in sie investiere, mich zurückhalte. Ich versuche, das große Bild zu sehen, auch wenn alles im Fluss ist, und den Fixstern für meine Mitarbeiter sichtbar zu machen.
Führungskräfte müssen sich gut selbst führen können, damit sie ihre Mitarbeiter führen können. Wie es geht, lesen Sie im folgenden Beitrag.