Schon Goethes Faust lamentierte: „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust!“ Wenn es doch nur zwei wären, würden Sie sich vielleicht manchmal wünschen. In vielen Entscheidungssituationen schwirrt uns der Kopf von Gedanken, die unterschiedlichsten Emotionen treiben uns um, innere Stimmen raten uns mal dies, mal das. Ein inneres Chaos ist bezeichnend für Situationen, in denen wir uns entscheiden müssen und nicht wissen, was der richtige Weg ist. Aber wie finden wir den Weg trotzdem?
Da lohnt es sich, dieses „innere Team“ aus Gedanken, Eindrücken und Gefühlen einmal genauer anzuschauen. Es hilft bei der Selbstklärung, wenn Sie alle diese Stimmen in Ihnen personifizieren und wie Mitglieder eines Teams behandeln, dessen Chef Sie selbst sind.
Manche Teammitglieder sind sofort zu erkennen: Sie artikulieren sich laut und deutlich und stehen im Vordergrund. Andere sind eher zurückhaltend. Oder sie verstecken sich irgendwo in einer dunklen Ecke. Spannend ist, dass sich manche Teammitglieder verbünden – gegen andere Mitglieder oder Grüppchen innerhalb des Teams.
Verschaffen Sie sich für Ihre Entscheidungssituation einen Überblick über Ihr inneres Team:
- Wer taucht da auf?
- Geben Sie jedem Teammitglied einen Namen, z.B. „der Ängstliche“ oder „die Neugierige“.
- Finden Sie für jedes Teammitglied eine typische Aussage, z.B. „Das geht mir zu weit!“
- Hören Sie in sich hinein: Welche Teammitglieder sind dominant? Welche leise und zurückhaltend?
- Und wenn Sie denken, Sie hätten alle Teammitglieder entdeckt: Welche könnte es noch geben?
- Zeichnen Sie auf ein Blatt eine Person mit großem Bauch und dann alle Teammitglieder in den Bauch, mit Namen und typischem Satz.
Nehmen Sie sich dann die Zeichnung, die Sie von Ihren Teammitgliedern angefertigt haben. Überlegen Sie, wie sich die Teammitglieder zueinander verhalten. Wer ist mit wem verbündet? Und gegen wen? Welche Allianzen und Koalitionen gibt es in deinem Team? Wofür treten sie ein? Wogegen?
Spielen Sie nun die Möglichkeiten, zwischen denen Sie sich entscheiden müssen, gedanklich durch. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie sich für jede Option auf einen anderen Stuhl setzen und sich in diese Rolle einfühlen.
- Wie reagieren die einzelnen Teammitglieder auf diese Möglichkeit?
- Wo schreien sie empört auf?
- Wo blockieren sie?
- Wo freuen sie sich?
- Wie reagieren andere Teammitglieder und Gruppen im Team auf diese Reaktion?
- Wie sähe auf einer Skala von eins bis zehn die Zehn für jedes Teammitglied aus?
- Wie sähe ein kleiner Schritt Richtung Ziel für jeden aus?
- Was sagen die anderen dazu?
Erlauben Sie Ihrem inneren Team eine Diskussion über diese unterschiedlichen Möglichkeiten, Positionen und Sichtweisen. Sie als Teamleiter können diese Diskussion moderieren, indem Sie bei allen Teammitgliedern nachfragen: „Wie siehst du das? Wie geht es dir damit?“
Nach dieser Teamdiskussion, die nichts anderes als Selbstklärung ist, gelingt „Ihnen allen“ vielleicht schon ein Kompromiss, bei dem niemand zu kurz kommt und an dem sich alle beteiligen können. Ansonsten: Bleiben Sie im Gespräch, bis Klarheit entsteht.
Und wenn Sie sich einem Kompromiss nähern: Überlegen Sie, welcher kleine Schritt „Sie alle“ in Richtung Kompromiss voranbringen würde.
Zum Weiterlesen: Christoph Schalk: Selbstcoaching. Überlegt handeln, konsequent umsetzen.